Die Kunst mit der Noppe

Beitrag von Sebastian Sauer

Sebastian Sauer, Deutschlands Noppen-Experte, gibt uns Einblicke in die Welt der Lang-Noppen-Systeme. Als Spieler und Trainer…

Wann und warum hast Du Dein Spielsystem auf „Lange Noppen“ umgestellt?
Umgestellt auf lange Noppen habe ich im Alter von circa 13 bis 14 Jahren. Lustigerweise war es damals eher Zufall als Planung. In den Schulferien hatte ich in Grenzau trainiert und eher aus Spaß einen der Testschläger mit kurzen Noppen in die Hand genommen. Das hat mir auf Anhieb viel Spaß gemacht und ich habe es beibehalten. Mein ehemaliger Verbandstrainer und späterer Jungenbundestrainer Georg Imhof, der leider viel zu früh von uns gegangen ist, hat mir dann in der Folge einen Langnoppenbelag in die Hand gedrückt.
Schon bevor ich selbst zum Langnoppenspiel kam, habe ich immer unheimlich gern Spielern zugesehen, die Defensivspieler waren oder einen eher ungewöhnlichen Spielstil verfolgten. Aus meiner Region und meinem damaligen Trainingsumfeld waren dies beispielsweise Bernd Schuler (damals TTC Mülheim/Urmitz-Bhf.), Helger Ohlig (TTC Torney) oder Alexander Krießbach (TV Leiselheim).
Welchen Spielertypen empfiehlst du den Umstieg auf Noppen?
»Zuallererst sollte der Umstieg auf Noppen neben dem erwünschten Erfolg auch Spaß bringen. Längerfristig gesehen ist das die Grundvoraussetzung.«

Ohne den Spaß dabei wird man die Motivation an Neuem verlieren und dann spielt man lieber „etwas erfolgloser“ ein kompromissloses Offensivspiel als mit Noppen zu agieren. Man kann es nicht pauschalisieren, jedoch gibt es 2 große, typische Gruppen, bei denen der Versuch, mit Noppen zu spielen, Sinn macht. Die erste Gruppe möchte unabhängig von der eigenen Spielausrichtung solch ein Spielsystem aufziehen. Einfach, weil man es gerne tut und weil es Spaß macht. Häufig starten Spieler auch in fortgeschrittenem Alter mit einem komplett neuen Spielsystem, um dem jahrelangen Trott zu entkommen und einfach mal etwas Neues zu machen. In der zweiten Gruppe passt das Noppenspiel zur Grundausrichtung und man versucht damit spielerisch stärker zu werden und bessere Ergebnisse zu erzielen. Sehr häufig wird damit auch eine Schwäche auf einer Seite (zumeist RH) ausgeglichen und man kann den Ball sicher und mit den richtigen Techniken auch gefährlich spielen. Ebenso fällt es deutlich leichter, gegnerische Aufschläge besser zu returnieren. Gründe für einen Umstieg kann es viele geben.

Wann würdest du einen Umstieg einleiten?
Für einen Umstieg auf Noppen gibt es keine Altersbeschränkung. Wie bei Allem gilt natürlich, dass ein früherer Umstieg leichter fällt. Allerdings habe ich in meinen Lehrgängen als Trainer unzählige Spieler aller Altersstufen gesehen, die den Umstieg erfolgreich bewältigt haben und häufig ihr Spielniveau sogar deutlichst und in einem angemessenen Zeitrahmen steigern konnten.
Wie gehst du als Trainer inhaltlich vor, wenn du Jemanden auf Noppen umstellst. Welche Schläge vermittelst du in welcher Reihenfolge? Gibt es eine Übung / einen Trick, um das Gefühl für die Noppe zu schulen?
Bei einem gänzlichen „Noppenneuling“ gehe ich recht systematisch vor. Zuerst lasse ich den Spieler ein paar Trainingseinheiten ohne jegliche Vorgabe mit dem Material spielen, damit er ein grundsätzliches Gefühl für die Wirkung seines Schlägers bekommt. Diese Phase muss gar nicht allzu lang verlaufen und häufig reichen hier schon 2-3 Trainingseinheiten. Der Verlauf der Schlagtechniken orientiert sich stark am gewünschten Spielsystem (bspw. lange, tischferne Abwehr oder tischnahes „Verteilspiel“). Ich erläutere das jetzt mal exemplarisch für das tischnahe Noppenspiel. Hier gibt es viele verschiedene Schlagtechniken. Beginnt man mit allen auf einmal, so weiß der Spieler in der Regel nicht mehr wie ihm geschieht und er bringt Vieles durcheinander und weiß nicht mehr was er tut.
»Ich starte mit einer Angriffstechnik, die man auf leere Bälle sowie Unterschnittbälle spielen kann und mit einer Blocktechnik gegen Angriffsschläge. So hat der Spieler auf jede Grundsituation eine Antwort und ist spielfähig.«
Diese Techniken lasse ich zuerst nur isoliert üben. Das heißt, dass der Spieler wie am Balleimer häufig in Folge auf den gleichen Ball an gleicher Stelle agiert. Nur so traut er sich, verschiedene Sachen auszuprobieren und merkt, was er ändert und was für eine Auswirkung das auf den Ball hat. Zudem ist diese Übungsform optimal, um die Technik zu festigen. Wenn das gut sitzt, lasse ich den Spieler diese Technik in unregelmäßigeren Situationen spielen und dann auch in Trainingsspielen einsetzen. Erst nach einer Zeit und wenn die neue Bewegung recht automatisiert ist gehe ich dann zur nächsten Technik über und bringe sie über den gleichen Verlauf ins Spiel.
Einen ganz besonderen Trick, um das Gefühl mit der Noppe zu verbessern, gibt es leider nicht. Auch hier helfen nur die richtige Technik und Übung (-;. Allerdings sehe ich bei gefühlt über der Hälfte der Noppenspieler, dass diese den Schläger zu fest in der Hand halten (Hammergriff). Allein darauf zu achten, den Schläger etwas lockerer zu greifen, hilft einigen Spielern enorm ihr Gefühl für den Ball und ihre Sicherheit zu steigern.
Was hältst du von der Idee, spezielle Lehrgänge / Fortbildungen anzubieten, in denen lizenzierte Trainer / Jugendbetreuer aus Vereinen das Know-how angeboten wird, wie man das Spiel mit langen Noppen den Jugendlichen vermittelt?
Die Idee ist sehr gut und ich wurde auch schon häufig darauf angesprochen, dies durchzuführen. Der Umstieg bei einem Jugendlichen und einem Erwachsenen unterscheidet sich nur in sehr wenigen Punkten. Daher biete ich das mittlerweile in meinen normalen Lehrgängen an und erweitere das  Angebot mit Gesprächsrunden hierzu nach den Einheiten. So haben auch schon einige Trainer, die das Wissen weitervermitteln möchten, einen meiner Lehrgänge besucht, um sich hier zu schulen. Auch dienten die Lehrgänge mittlerweile in diversen Landesverbänden als Fortbildung zur Lizenzverlängerung der B- oder C- Trainer-Lizenz.
Du bietest mit deinem Trainerteam Noppen-Lehrgänge an. Wie ist der Ablauf in solchen Lehrgängen?
Der Ablauf ist extrem individuell auf den jeweiligen Spieler abgestimmt und wird vorab gemeinsam besprochen. Dies muss es auch, da es so viele verschiedene Spielsysteme, Spielstärken ,Altersstufen und Ziele gibt. Zudem ist entscheidend, ob der Spieler schwerpunktmäßig eher technische oder taktische Inhalte mitnehmen möchte. So haben Teilnehmer auch teils komplett unterschiedliche Übungsverläufe. Jeder soll die Inhalte und den Umfang trainieren können wie er es möchte.
Die Lehrgänge bestehen aus 4,5 Trainingseinheiten und verlaufen entweder von Freitagabend bis Sonntagmittag oder nur Samstag und Sonntag von circa 10-16.30 Uhr. Zwischen den Einheiten gibt es Pausen, in denen wie auch abends auf freiwilliger Basis gemeinsam gegessen und gefachsimpelt wird.
Die Inhalte sind beispielsweise Schlagtechniken auf leere Bälle und auf Unterschnitt, Blocktechniken, Aufschlagannahme auf kurze und lange Aufschläge sowie diverse taktische Maßgaben.
Welche Schlagtechniken sollte ein Lang-Noppenspieler zusätzlich können?
Neben den typischen Noppentechniken sind besonders der eigene Aufschlag sowie ein Angriffsschlag sehr wichtig. Viele Spieler verteilen den Ball mit der Noppe gut und bringen sich so in eine gute Position und es fehlt nur noch der Abschluss mit einem Angriffsschlag um den Ballwechsel zu beenden.
Kannst du uns einige deiner Lieblingsübungen vorstellen?
»Ich selbst mache lieber wenige Dinge häufig und mit guter Qualität als viele verschiedene Dinge durcheinander und mittelmäßig.«
Auch hat sich bei vielen anderen Spielern gezeigt, dass das Spiel mit dieser Maßgabe erfolgreicher gestaltet werden kann:
» Gegner spielt in meine Noppe und zieht und schupft abwechselnd | ich blocke und greife im Wechsel an ? sehr gut für Ballsicherheit.
» Gegner zieht einmal in meine halbe RH | ich blocke | Gegner schupft ganzer Tisch | ich greife mit VH oder RH an ? aus unregelmäßiger Situation in den Angriff kommen.
Ansonsten versuche ich eher auf einfache Art und Weise die Sicherheit zu erhalten und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren
» Gegner macht variantenreiche kurze und lange Aufschläge | ich nehme mit der Noppe an.» Ich schlage kurz auf | Gegner schupft lang ganzer Tisch | ich greife mit VH oder RH an.
Zu dir persönlich: Hast du dir deine eingesetzten Schlagtechniken selber beigebracht, oder von wem hast du Impulse erhalten?
Ja, Vieles habe ich mir selbst beigebracht und Einiges findet man leider auch in keinem Lehrbuch. Auf vielfache Nachfrage werde ich daher im Sommer auch eine Technik-DVD herausbringen. Dennoch hatte ich in meiner Jugend wirklich sehr viel Glück mit hochkompetenten Trainern, die ihre Impulse hinzugaben und mir bei dem Weg entscheidend geholfen haben. Im Verein waren das Rainer Lippert (Engers) und Erwin Gabel (Nassau). Im Verband waren es als jeweilige A-Lizenz-Trainer der spätere Jungen-Bundestrainer Georg Imhof, der ehemalige Bundesligatrainer des FSV Kroppach Stefan Zimmermann sowie die jetzige Damen-Bundestrainerin und Abwehrspielerin Jie Schöpp.
 
Oft hört man, dass das Spiel mit langen Noppen am Tisch limitiert ist. Wie ist deine Einstellung dazu?
Das glaube ich nicht. Es ist nachweislich möglich, dass mit diesem Spielsystem selbst Spieler hoher Weltranglistenpositionen besiegt werden können. Dass es nicht mehr Spieler mit diesem Spielsystem in höchsten Gefilden gibt liegt meiner Meinung nach eher daran, dass dieses Spielsystem kaum von Jugend an professionell geschult wird. Ab einem gewissen Spielniveau ist es allerdings notwendig, dass auch mit der Vorhandseite zumindest hin und wieder angegriffen wird um gefährlicher und unberechenbarer zu sein. Wenn ein Spieler zu gleichförmig mit der Rückhand spielt, ist er irgendwann zu ausrechenbar.
Was entgegnest du der Aussage deiner Gegner: „Der gewinnt nur wegen seiner Noppen!“?
Ich weiß es nicht. Das habe ich noch nie gehört (-; ^^
Der Autor:
Sebastian Sauer
Vereine
2008: TTC Altena (2. Bundesliga)
2009:  ITTC Sachsen Döbeln (2. Bundesliga als   Spieler & Trainer)
2010-2011:  TTZ Sponeta Erfurt(Verbandsliga & Oberliga)
2012-2014:  TV Leiselheim (Oberliga & Regionalliga)
ab 2014: SV Windhagen
Erfolge
2006:  Deutsche Meisterschaften Herren: letzte 24
2007-2010:  Spieler in der 2. Bundesliga
2007:  Sieg über den norwegischen Meister Geir   Erlandsen (Top100 der Welt) im vorderen   Paarkreuz der 2. Bundesliga