Tipps für die Praxis

Beitrag von Franziska Paul

Aus dem Leben einer erfolgreichen Nachwuchsspielerin
Richtige Technik ist bereits die halbe Miete?
Für mich persönlich und auch meinen begleitenden Trainerstab definitiv. Mit Hilfe eines Grundgerüstes an (brauchbarer) Technik ist eine variable Gestaltung bzw. die Erlernung weiterer technischer Elemente eine Folgeerscheinung in der Entwicklung eines jeden Spielers.
Beispiel: Startet ein Schützling/ Spieler bereits mit einem Rückhandgriff entpuppt sich ein früher Treffpunkt mit Vorhand bereits als große Hürde, ganz zu schweigen von der Möglichkeit platzierungsrelevante Elemente mit einbringen zu können. Eine (halbwegs) saubere Technik eröffnet somit nahezu unbegrenzte Möglichkeiten das Spiel variabler und damit effektiver zu gestalten.

»Hier gilt lernen, stabilisieren und präzisieren.«

Immer wieder wurde meine Vorhandtechnik optimiert, ausgebaut und verändert. Ein mehr oder weniger lebenslanger Prozess wenn man so will, denn im Laufe der Jahre verändert sich nicht nur die Körpergröße, für die eine Anpassung erforderlich wäre, sondern vielleicht auch das Spielsystem hin zu einer effizienteren Krafteinteilung/ Schlagtechnik. Energieeffizient spielen war und ist leider noch nie meine Stärke gewesen, was allerdings auch vom Spielsystem des einzelnen Spielers abhängig gemacht werden muss.
Gerade bei wenig Training sollte ein gewisses Maß an technischer Stabilität vorhanden sein, da die wenigen vorhandenen Stunden für Defizite im Aufschlag/Rückschlag sowie Eröffnungsbereich genutzt werden sollten und nicht als Stabilisierungsphase der Grundtechnik.
Ist Beinarbeit erlernbar oder gottgegeben?
Ich würde mal behaupten halb/halb. Gerade im Frauentischtennis erwartet wohl kaum ein Trainer explosive Beinarbeit. Wir Frauen haben andere Stärken 🙂
Spaß beiseite – neben Technik und taktischem Verständnis ist die Beinarbeit von grundlegender Bedeutung im Tischtennis. Richtige Beinarbeit ist zunächst Voraussetzung, um optimal zum Ball stehen zu können.
Zudem entscheidet Beinarbeit nicht selten über das Spielsystem.
Kaum jemand wird einen dynamischen, laufwilligen Schützling zum Block/Konter-Spieler nah am Tisch umstellen.
Wichtig ist hier, verschiedene Beinarbeitstechniken für unterschiedliche Spielertypen auszuprobieren um Fehler und Defizite auszumerzen. Jeder Spieler bringt unterschiedliche Voraussetzungen mit und muss individuell „behandelt“ werden. Gegen das allseits bekannte „Loch“ in der weiten Vorhand kann beispielsweise mit einem „ Kreuzschritt“ Abhilfe geschaffen werden. Aber nicht jeder ist koordinativ und „schnellkrafttechnisch“ in der Lage, diese Beinarbeitstechnik zu realisieren. Wenn dies nach intensiven Übungsphasen nicht erfolgreich umgesetzt wird, muss auch mal über Alternativen nachgedacht werden – wie zum Beispiel, die Grundposition geringfügig in die Vorhandseite zu verschieben (was natürlich auch zum individuellen Spielsystem passen muss)

»Die wichtigste Konstante war und wird für mich immer eine tiefe Grundstellung sein, die Grundvoraussetzung dafür ist, überhaupt explosiv agieren zu können.«

Wettkampfvorbereitung – Jetzt zählt´s!
Im Tischtennis entscheiden oft Details über den Verlauf eines Spiels. Eine optimale Vorbereitung legt somit den Grundstock, um konzentriert und fokussiert in den Wettkampf starten zu können. Entscheidend ist für mich vor allem:
Genügend Zeit zum Aufwärmen und Einspielen
Genügend Platz und Tischkapazitäten
Entspannte und fröhliche Stimmung innerhalb der Mannschaft – Organisatorisches wurde vorher geklärt…
Kaum ein Spieler hat wohl alle seine Sinne zusammen, wenn er gerade kurz vor knapp in die Halle gestürzt kommt und ohne einen Ball gespielt zu haben, Höchstleistung erbringen soll. Ebenso schwierig aber nicht immer zu vermeiden ist das Einspielen mit mehreren Personen an einem Tisch. Hier sollte entweder so viel Zeit mitgebracht werden, dass ein getrenntes Einspielen möglich ist oder es muss sich mit den anderen Mitspielern arrangiert werden.
Auch nicht zu vernachlässigen ist die Aktivierung der Muskeln nach langer Pause. Lange Pausen lassen den Körper auskühlen und zerstören den vorherig sicher geglaubten Rhythmus. Ein kurzes Aufwärmen kann Abhilfe schaffen ohne Ermüdungserscheinungen hervorzurufen.
Aufschlagtraining – kurz und konzentriert!
Die Bedeutung des Aufschlages wird wohl am meisten unterschätzt. Erstens beginnt jeder Ballwechsel mit einem Aufschlag. Zweitens ist es der Schlag, auf den der Gegner keinen direkten Einfluss ausüben kann.
Zunächst hört sich das stumpfe Üben von Aufschlägen wohl für kaum jemanden spannend an. Die wirkliche Erleuchtung, dass der Ausbau/Verbesserung des Aufschlages eine sinnvolle Investition von Zeit wäre, kommt meist erst mit der Feststellung, ein Match wegen der feinmotorischen Fähigkeiten des Gegners beim Aufschlag verloren zu haben.
Fünf Minuten konzentriertes Aufschlagtraining vor oder nach dem Training ist ein humaner Zeitaufwand, der den Erfolg am Tisch maßgeblich beeinflussen kann. Immer mal wieder neue Aufschläge ausprobieren, macht hier den Reiz aus und insbesondere das Abschauen und kopieren von aufschlagstarken Spielern hat mir geholfen die eigenen Fähigkeiten zu verbessern.
Keine Lust auf´s Training – Gehe ich heute hin?
Das Problem fehlender Motivation für das anstehende Training kennt wohl jeder. Gründe hierfür sind zahlreich und verschieden. Stress auf der Arbeit, Müdigkeit, ein rundum verkorkster Tag oder das Ausbleiben von Erfolg. Der größte Feind hierbei allerdings ist man immer selbst.
Häufig setzt man sich beim Training unter Leistungsdruck. Druck erzeugt Gegendruck ? häufige Folge „Trainingsunlust“. Hier sollte man seine eigenen Ziele nicht zu hoch ansetzen.
Ebenso problematisch wird es, je länger darüber nachgedacht wird, ob man jetzt gehen sollte oder nicht. Mir persönlich haben immer feste Zusagen und Verabredungen zum Training geholfen. Diese sind absolut unangenehm wieder abzusagen. Steht man erst einmal in der Halle, wird es in den seltensten Fällen bereut, den inneren Schweinehund überwunden zu haben.
Nervosität beim Wettkampf – Du musst an deinem Kopf arbeiten!
Diesen Spruch hat wohl jeder schon einmal in seiner spielerischen Laufbahn gehört. Ist erst einmal das dritte Fünfsatz-Match in Folge verloren, wird von den Kollegen gleich über ein Kopfproblem philosophiert, das sich meist dann auch erfolgreich im eigenen Kopf einnistet und im weiteren Verlauf der Saison Wirkung zeigt.
Bei 9:9 im fünften Satz völlig locker zu sein schafft wohl kaum einer, sollte auch nicht Anspruch des Otto Normalverbrauchers sein. Am Händezittern vor dem Aufschlag des Gegners sollte und kann jedoch jeder arbeiten. Geholfen hat mir immer, sich die schlimmstmögliche Konsequenz der Niederlage vor Augen zu führen. Bei näherer Betrachtung erscheint eine Niederlage meist nicht mehr (wir reden hier nicht vom Finale der deutschen Meisterschaften) halb so dramatisch wie zunächst angenommen.
Dementsprechend habe ich mir in solchen Momenten gesagt: So dramatisch wird sich mein Leben nicht ändern durch eine Niederlage – also kann ich jetzt in dieser entscheidenden Phase locker und mutig, aber dennoch taktisch möglichst sinnvoll agieren
Keine taktische Idee im Wettkampf
Wie manch ein Trainer fähig ist, mit einem ganzen Feuerwerk an taktischen Ideen über seinen Schützling herzufallen ist mir bis heute schleierhaft. Noch schlimmer ist jedoch absolut ratlos mit seinem „Berater“ an der Bande zu stehen. Erzielt auch die Rücksprache mit dem Trainier nicht den gewünschten Erfolg, bleibt nur noch die Möglichkeit heißzulaufen, sich in das Match reinzuarbeiten und zu kämpfen „wie eine Wildsau“. Manchmal hilft es hier auch weiter, dies mit seinem Betreuer abzusprechen, damit dieser von außen nochmal emotional für einen „Extra-Kick“ sorgt.
Im Notfall / Misserfolgsfall muss sich dann leider eingestanden werden, dass der Gegner ggf. in diesem Match überlegen war.
Meine Lieblingsübungen…
Beinarbeitsübung
Absolute Lieblingsübungen für einen rhythmischen Start ins Training oder auch beim Einspielen kurz vor dem Wettkampf sind „klein- groß“(Rückhand | Vorhand aus Mitte | Rückhand | Vorhand aus Vorhand) und „drei-Punkte“(Vorhand aus Vorhand | Vorhand aus Mitte | Rückhand- oder auch wahlweise Vorhand aus Rückhand). Mir helfen die „relativ leichten“ Übungen, mich sowohl auf einen frühen und sauberen Treffpunkt (Winkel abfragen) zu konzentrieren, als auch zur Aktivierung der Beine. – In Kombination mit „ganzer Tisch frei“ im Anschluss schon fast ein Rundum-Paket an Rollerübungen.
Eröffnungsübung
Im Bereich Eröffnungsübungen bewährt sich bei mir seit einigen Jahren abwechselnd mit Vorhand und Rückhand zu eröffnen und anschließend wahlweise Block in andere Seite oder direkt frei. Diese Übung sorgt neben Abwechslung für eine perfekte Kombination aus regelmäßigen und unregelmäßigen Trainingskomponenten.
Aufschlag-/Rückschlagübung
Die wenigsten Tischtennisspieler sind für Aufschlag- Rückschlag Übungen zu begeistern. Lichtblick für mich ist die Übung „kurz-kurz“ bis einer der beiden Spieler mit Flip auflöst. 30% der Aufschläge lang um ein verfrühtes „nach vorne stürmen“ zu verhindern. Grund für meine Sympathie ist, dass sie alle notwendigen für den Wettkampf entscheidenden Schlagtechniken enthält – für das Wettkampf-Komplettpaket.

Die Autorin:
Franziska Paul

Zweitliga-Spielerin bei der TTG Bingen/Münster-Sarmsheim 2010-2013
Teilnahme beim Mädchen-Top-12 Turnier des DTTB 2012
Studiert zur Zeit „International Business“ in Dortmund