Programmierter Erfolg

Beitrag von Christian Hetzel

Spielzugtraining: Das richtige Verhältnis von guten Vorsätzen und geistiger Flexibilität bringt auch in Stresssituationen wichtige Punkte für den Erfolg!
Viele Spieler kennen die Situation, dass sie einen bestimmten Spielzug in der entscheidenden Spielphase haben. Dieser beginnt häufig mit dem besten Aufschlag, bei dem man in der Regel weiß, wo der Gegner den Rückschlag hin retournieren wird, um so zum punktbringenden Topspin oder Schuss anzusetzen.
Jedoch was tun, wenn der Kontrahent den Ball nicht an die gewünschte Stelle spielt und uns vor eine neue, unvorhergesehene Aufgabe stellt?

Diese Situation zeigt, dass es ratsam ist, sich im Spielverlauf nicht nur mit dem eigenen Spiel, sondern auch mit dem Spielsystem des Gegners und sich mit dessen Stärken und Schwächen auseinander zu setzen. In der Regel ist bei Meisterschaftsspielen oder Turnieren ein Betreuer oder Mannschaftskollege dabei, der einem die entscheidenden taktischen Anweisungen gibt. Sollte dies einmal nicht der Fall sein, ist man auf sich selbst gestellt.

Das Spielsystem des Gegners analysieren
Hier sollte man wissen, welche Stärken und Schwächen die einzelnen Spielsysteme (z.B.. vorhandorientiert, rückhandorientiert) mit sich bringen und wie man diese, besonders die Schwächen, zum Vorschein bringt. Um das ganze einmal an einem Beispiel zu erläutern, beziehe ich mich auf das Spiel gegen einen Vorhand-orientierten Angriffsspieler.Stärken des vorhanddominanten Spielers
Betrachten wir uns zunächst einmal die Stärken dieses Spielsystems: der Spieler versucht den Großteil des Tisches (ca. ¾) mit der Vorhand abzudecken, dementsprechend verfügt er über einen sehr guten Vorhand-Topspin und eine gute Beinarbeit. Somit wird er Bälle, die in Tischmitte bzw. halber Rückhand landen mit der Vorhand annehmen und versuchen von dort druckvolle Vorhand-Topspins zu spielen. Weiterhin wird er versuchen möglichst oft umzuspringen, um auch aus der Rückhand-Seite seine Vorhand einzusetzen.
Auffällig ist auch, dass sich dieser Spielertyp bei der Aufschlagannahme bereits weiter in der Rückhandseite positioniert, als ein Spieler, der über ein beidseitig gleichgutes Topspinspiel verfügt.Schwächen des vorhanddominanten Spielers
Die Schwächen dieses Spielsystems sind Bälle in kurze Vorhand, sowie in die weite Vorhand- bzw. Rückhand-Seite.

Aufschlagtaktik gegen Vorhandspieler
Ist man Aufschläger, sind demzufolge kurze Aufschläge in die Vorhand sehr effektiv (bzw. generell kurze Aufschläge), da er als Rückschläger einen etwas weiteren Weg zurückzulegen hat und im besten Falle einen Moment zu spät kommt und so keinen guten Rückschlag spielen kann, der es uns ermöglicht selbst anzugreifen, um einen druckvollen Angriffsschlag auszuüben.

Rückschlagtaktik gegen Vorhandspieler
Somit ergibt sich auch für den Rückschlag hieraus eine Möglichkeit, seinen Gegenüber nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. Auf einen kurzen Aufschlag mit Unterschnitt oder „leer“ ist es ratsam einen kurzen Rückschlag in die Vorhandseite (ggfs. auch ganzer Tisch) des Aufschlägers zu spielen.
Weitere Rückschlagmöglichkeiten bieten sich,  indem man versucht einen aggressiven Schupfball in die weite Vorhand- bzw. Rückhandseite zu spielen, um den Aufschläger hier schon unter Druck zu setzen und ihm so die Möglichkeit nimmt, eine qualitativ gute Eröffnung zu spielen. Um den Aufschläger noch weiter unter Druck zu setzen ist ein Flip immer eine sehr gute Option, wobei dies eher für geübte/fortgeschrittene Spieler geeignet ist.

Eröffnungstopspin gegen Vorhandspieler
Für den eigenen Eröffnungsball bieten sich die oben aufgeführten Platzierungen (weite Vorhand/weite Rückhand) an, um den Gegner auf seiner schwächeren Rückhand-Seite bzw. in der weiten Vorhand anzuspielen.
Einstudieren von Spielzügen
Um den Kindern diese Spielzüge beizubringen bzw. erlernen zu lassen, sollte man diese Spielzüge in seine einzelnen Elemente aufteilen. Die folgenden Übungen beziehen sich jeweils auf Rechtshänder.

Stufe 1 | Rollerübung
Zunächst wird mit einer „Rollerübung“ begonnen. Mit dieser Übung sollen dem Spieler  zunächst sinnvolle Platzierungen näher gebracht werden.
1] Vorhand aus der Vorhandseite diagonal
2] Vorhand aus Mitte in Rückhand
3] Rückhand diagonal in Rückhandseite
» von vorne

Stufe 2 | Eröffnungsübung
Anschließend bietet es sich an, eine Eröffnungsübung zu spielen.
1] Kurzer Aufschlag in Vorhandseite des Gegners
2] Gegner schupft in Vorhand
3] Vorhandtopspin meistens in Rückhand, ab und zu in weite Vorhand
» danach freies Spiel und dabei versuchen, viel über Ecken weiterspielen
Diese Übung kann je nach Leistungsniveau erweitert bzw. durch Variation der Platzierung angehoben werden. Eine Option ist hier die Eröffnung aus der Vorhand- und Rückhandseite je 4 Minuten spielen zu lassen oder man spielt den  Ballwechsel nach der Eröffnung aus und bei Punktgewinn erfolgt der Rückschlag in die andere Ecke.

Stufe 3 | Rückschlagübung
Als 3. Übung empfehle ich eine Übung, in der der gegnerische Aufschlag zunächst kurz gelegt wird.
1] Gegner schlägt kurz auf
2] Spieler: Rückschlag wird kurz gelegt, dabei viel in die Vorhandseite kurzlegen
3] Gegner schupft über den ganzen Tisch
4] Spieler eröffnet extrem diagonal
5] Gegner blockt über den ganzen Tisch
» danach freies Spiel und dabei versuchen, viel über Ecken weiterspielen
Variante: der kurze Aufschlag des Gegners wird auf Ecken geflippt, danach freies Spiel

Stufe 4 | Anwendung in „freier“ Übung
Die vierte Übung würde ich weitestgehend frei halten und den Aufschläger alle 2 Minuten wechseln lassen oder aber erst dann, wenn der Aufschläger in dem Ballwechsel den Punkt erzielt hat.
Dabei sollte dem Spieler mindestens eine der folgende Vorgaben gemacht werden:
Zu Beginn des Ballwechsels 1-3x kurz/kurz und eine der beides Seiten löst mit aggressivem Schupf oder Flip über die Ecken auf und der Punkt wird anschließend ausgespielt.
Im Ballwechsel darf kein Ball in Tischmitte platziert werden. Zur Kontrolle kann dieser Bereich des Tisches mit einem Handtuch abgedeckt werden

Variabel bleiben
Auch wenn gewisse Spielzüge „einstudiert“ sind – eine gewisse Variabilität ist immer von Nöten, um nicht ausrechenbar zu sein!

Der Autor:
Christian Hetzel
B-Lizenz-Trainer
ehemaliger Honorartrainer Rheinland
Betreuer auf regionalen / nationalen Meisterschaften
führte seine Jugend-Mannschaft zum Deutschen Vize-Mannschaftsmeister