…mit Köpfchen

Beitrag von Chris Pfeiffer

Ideomotorik im Techniktraining
Viele der Leser werden mit dem Wort „Ideomotorik“ zunächst nicht viel anfangen können. Das ist nicht weiter verwunderlich, da diese Trainingsmethode nur selten, bzw. im Hochleistungsbereich anderer Sportarten angewandt wird.
Für mich persönlich ist es eine hervorragende Methode, um im Kindesalter Technik effektiver vermitteln zu können und gleichzeitig die Bewegungsvorstellung der Spieler/innen auf die Probe zu stellen.
Worum geht es bei Ideomotorik?
Um einen groben Überblick zu erhalten, würde ich das Feld der Ideomotorik wie folgt beschreiben: Es geht darum, dass der/die Athlet/in im Training versucht, im Kopf ein Bild von der zu erlernenden/trainierenden Technik „zu erstellen“, sodass diese Vorstellung später in die Realität, in unserem Fall an den Tisch, übertragen werden kann.
In der Folge möchte ich den Lesern darstellen, wie ein ideomotorisches Training im Tischtennis aussehen könnte.
Ein Plan für die praktische Umsetzung:
Jede Trainingsmethode hat Vor- und Nachteile. Als größten Vorteil würde ich die Kontrolle der Technikvorstellung der Spieler/innen sehen, als größten Nachteil dagegen, dass das ideomotorische Training eine 100%ige Konzentration der Spieler erfordert. Es braucht also etwas Übung und eine disziplinierte Gruppe, um eine solche Trainingseinheit erfolgreich durchzuführen.
Schritt 1:
Um eine 100%ige Konzentration zu trainieren bietet sich die progressive Muskelrelaxation, als schnell zu erlernende Entspannungstechnik an.
Eine prägnante Beschreibung finden sie im Internet unter: https://www.palverlag.de/muskelentspannung-jacobson-durchfuehrung.html
Schritt 2 (interne Aktualisierung):
Die VH-Topspin-Bewegung wird von dem Trainer mit einer präzisen Technik-Beschreibung verbal vorgestellt.
Zur Unterstützung der besseren Sichtweise, versucht man die Bewegung in eine Art bildhafte Modellreihe zu unterteilen.
TIPP: Stimmt eure Sprache mit der des Spielers ab !!!
Die Spieler sprechen den Text mit geschlossenen Augen nach und führen im nächsten Schritt ein Schattentraining zur Technik aus. –> Kontrolle für den Trainer, aber auch                     direktes Feedback für den Spieler, zur richtigen Bewegungsausführung.
Wichtig ist, dass der Spieler im Moment des kognitiven Übens sich bewusst wird, dass er der Ausführende ist.
Schritt 3:
Die Stufen 3-5 entwickeln sich dabei aus den jeweiligen Sichtweisen der Spieler:
Im ersten Schritt achtet also der Trainer darauf, dass die Grundsätze der vorzustellenden Bewegung der richtigen Technikbeschreibung entspricht
Folge: Es entsteht ein detaillierter und persönlicher „innerer Zeitlupenfilm“ (EBERSPÄCHER 1990).
Als Grundlage für das tägliche Üben dient die individuelle Innenansicht, die jederzeit auf den Zeitlupenfilm zurückgreifen kann.
Die Innenansicht kann zur Unterstützung mit einem Smartphone aufgenommen und dem Spieler/in mit nach Hause gegeben werden.
Soll heißen: Der/Die Spieler/in spricht seine eigene Innenansicht langsam und deutlich auf Band.
Schritt 4:
Nur der einleitende Satz (Konzentrationsphase) wird mit: „Ich sehe mich in Erwartung eines VHTopspin auf Unterschnitt zu spielen am Tisch.“, weiterhin geübt.
Desweiteren wird der gesamte Bewegungsablauf auf 4-5 Merksätze (Knotenpunkte) zusammengefasst.
Schritt 5:
Die einleitende Konzentrationsphase wird mit gesamtem Wortlaut beibehalten.                        Die Knotenpunkte werden allerdings im Nachgang auf 4-6 Worte reduziert.
Bsp.: Fuß-Rumpfdrehung-Unterarm-Handgelenk-Neutrale Position.
Bei einer Fehlerkorrektur kann nun gezielt ein Punkt angesprochen werden (auch außerhalb des ideomotorischen Trainings)
Praktische Bewegungsausführung – externe Realisation
Ablauf der praktischen Durchführung während einer Trainingseinheit:
– 10min Entspannungstraining
– Kontrolle der Stufenbeschreibung
– 15min Praktisches Üben
– 10min Entspannungstraining
– 15min praktisches Üben
Pause
– 10min Entspannungstraining
– Kontrolle der Stufenbeschreibung
– 15min Praktisches Üben
– 10min Entspannungstraining
– 15min Praktisches Üben
Ich hoffe Euer Interesse, Neues im Training zu versuchen, konnte etwas geweckt werden.
Für Anmerkungen und Fragen stehe ich den Lesern gerne zur Verfügung.

Der Autor:
Chris Pfeiffer
A-Lizenz Trainer
Cheftrainer
Mainz 05 TT
Mail:
Chris.pfeiffer@Mainz05.de

Hintergundwissen:
Wie kann ich die Wirkungsweise des ideomotorischen Trainings kindergerecht erklären und dadurch Kinder dazu motivieren?
Der sogenannte Carpenter-Effekt beschreibt die Wirkungsweise anschaulich: Bei der intensiven Vorstellung einer Bewegung reagiert die betroffene Muskulatur so, als würde die Bewegung tatsächlich ausgeführt – nur reagiert die Muskulatur nicht so stark, sondern deutlich geringer.
Ein bekanntes Beispiel: Wenn man einen Fadenpendel zwischen zwei Finger nimmt und intensiv über kreisförmige Bewegungen nachdenkt, beginnt das Pendel auch zu kreiseln, da Minibewegungen der Muskeln ausgeführt werden – angetrieben von der intensiven Vorstellung.
Damit die Muskeln generell überhaupt aktiv werden können, muss das Gehirn einen Plan dafür erarbeiten und die Nerven müssen die Impulse bis zu den Muskeln übertragen. Dieser „Weg“ wird also auch mittrainiert beim ideomotorischen Training. Dies ist ein sehr wichtiger Trainingseffekt. Vor dem Hintergrund, dass das ideomotorische Training unter erleichterten Bedingungen absolviert wird (kein Ball, der wie in der Realität getroffen werden muss und damit Zeitdruck und Stress auslöst) ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die vom Gehirn erzeugten Bewegungsmuster dichter an der Lehrbuch-Technik sind, als die Wettkampftechnik – sicherlich in der Technikerwerbsphase ein großer Vorteil und ein Grund, diese alternative Trainingsform mit einfließen zu lassen.
Stefan Zimmermann